Emsdettener Kunstverein e.V.

Teresa Reyes-Lorca
Hans-Georg Dornhege

Zeitspuren

15. Mai 2022 bis 12. Juni 2022

Der Emsdettener Kunstverein zeigt vom 15. Mai 2022 bis 12. Juni 2022 die Ausstellung "Zeitspuren" des Künstlerpaares Teresa Reyes-Lorca und Hans-Georg Dornhege.

Der Titel der Ausstellung „Zeitspuren“ hat als Ankündigung etwas Bestimmtes und gleichzeitig etwas Unbestimmtes. "Spuren" als Bestimmtes - „Zeit“ als Unbestimmtes. Im Alltäglichen spricht man von den Spuren der Zeit!

Hier jedenfalls mit den ausgestellten Bildern sind konkrete Spuren als Malerei sichtbar, von Teresa Reyes-Lorca und Hans-Georg Dornhege, beide miteinander verheiratet. Der Titel ihrer gemeinsamen Ausstellung „Zeitspuren“ bezieht sich einerseits auf das Sichtbare, auf die Präsens der konkreten Spuren als Malerei, andererseits auf den komplexen Entstehungsprozess der hier ausgestellten Bilder, was im Folgenden zu erklären ist: Generell entstehen Kunstwerke – also konkrete Spuren – aus zeitlichen Prozessen heraus im dialogischem Tun der schaffenden Personen: Es sind hierbei im Prinzip zwei Dialogformen zu unterscheiden, die sich auch durchdringen können.

Die erste Dialogform von Seiten der schaffenden Person geschieht mit sich selbst, innerhalb der eigenen Person mit den eigenen Gedanken, Empfindungen und dem Unbewussten. Es ist ein Bewusstseinsprozess, in Gang gesetzt von einer Ahnung, einer Vision oder spontan ausgelöst durch ein Ereignis, ein Erlebnis.

Zeitspuren sind hier weniger konkret fassbar, hier nur als wages Gedankenkonzept, als Bildkonzept. Aber dieser erste Dialogprozess ist fundamental. Aus ihm erwächst der Elan, die Begeisterung, der Impuls - also die Motivation zum eigentlichen Bildnerischen Tun, welches sich im zweiten dialogischen Prozess, dem eigentlichen Schaffensprozess vollzieht. Dieser zweite Dialogprozess ist wiederum gebunden an den zeitlichen Verlauf: anfangs die einsame Person im Dialog vor und mit der leeren Leinwand, dann weiterhin im Dialog mit den Zwischenstadien des werdenden Bildes, ein Dialog mit dem Bildhaften.

Dieses wandelt sich im Laufe des Schaffensprozesses, also von den ersten Aktionsspuren, („Zeitspuren“) bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Akteur / die Akteurin den Pinsel beiseite legt und das Bild nicht mehr weiter gemalt werden kann. In diesem zweiten Dialogprozess konkretisieren sich „Zeitspuren“, sichtbar im Bild und als Bild. Diese sind hier geschaffen - und diese sind hier in dieser Ausstellung von Teresa Reyes-Lorca und Hans-Georg Dornhege zu beobachten – in zwei persönlich ausgeprägten Handschriften, wie sie unterschiedlicher nicht sein können.

Auf den ersten Blick und sofort auffallend: bei beiden die jeweils eigene Handhabung von Farb-, Form- und Kompositionselementen – bei Reyes-Lorca sind es die großflächigen Formen in klarer Komposition mit den klaren dominanten Farbkontrasten, dagegen bei Dornhege eher eine Flächen-Strich-Struktur mit einer Skala sich abwandelnder Farben und Zwischentönen. Wie gesagt, es sind in den ausgestellten Bildern ablesbare Zeitspuren mit sehr unterschiedlichem Charakter – pro Bild entstanden im jeweiligen zeitlichen Verlauf eines dialogischen Schaffensprozesses.

Es gibt noch ein weiteres fundamentales Unterscheidungskriterium in der Malerei beider Protagonisten: Dies betrifft den Entstehungsprozess der Bilder. Es sind die unterschiedlichen primären Zugriffsweisen und Zugangsweisen zum Thema und Phänomen Landschaft die uns ja alle permanent umgeben und unser existentieller Umraum sind. Die besondere Zugriffsweise zum Thema Landschaft bei Teresa Reyes-Lorca wird exemplarisch deutlich bei der Bilderserie Passau-Wien: Diese geht zurück auf die künstlerische Verarbeitung von Impressionen bei einer Zugreise nach Wien. Aus dem fahrenden Zug heraus blickend beeindruckten elementaren Bauformen von Gehöften, Fabrikgebäuden, Stellwerken und dergleichen und dies vor der Kulisse und Weite der Niederösterreichischen flachen Landschaft mit den zum Horizont reichenden gelben Rapsfeldern.

Dieser erste erlebnisgesteuerte Dialogprozess mit sich und der Situation führte spontan zum Bildakt: kleiner Skizzenblock und Bleistift zur Hand zwangen dazu, im Augenblick Gesehenes simultan festzuhalten. Die Schnelligkeit des Zuges forderte die Schnelligkeit des Striches, die Kürze der Zeit führte zur Verknappung der Form. Die Fortsetzung des Bildaktes geschah im Atelier vor der großen Leinwand in der für Reyes-Lorca typischen Form, wie bereits geschildert.

Teresa Reyes-Lorca kennzeichnet diesen Bildakt mit eigenen Worten: „Die Zeit des Blickes – ob aus dem fahrenden Zug oder aus dem Auto heraus – die Geschwindigkeit und die Momentaufnahmen lassen das Gesehene sofort verschwinden, es wird aber ganz minimal registriert und es bleiben dann später –im zweiten Bildakt die minimalistischen Formen mit dominanten Farbkontrasten im gemalten Bild.“

Im Entstehungsprozess der Bilder von Teresa Reyes-Lorca ist es zunächst der schnelle Zugriff auf die Landschaft, bei Hans-Georg Dornhege ist es eher der überlegte Zugang auf die Landschaft. Er läßt sich motivationsmäßig leiten vom Unbestimmtem, von der Unbestimmbarkeit der Zeit. Dornhege sucht eher die Zeitspuren, die sich für ihn zunächst außerhalb der Kunst in der Landschaft zeigen, und geht auf sie zu. Z. B. bei der Bilderserie Panoramabilder über Mallorca sind es gezielt aufgesuchte Orte im Gebirge, von denen aus Dornhege Zeitspuren beobachtet: Er sichtet atmosphärisch flüchtige Licht-Phänomene der zeitlich sich schnell wandelnden Wetterlage, beobachtet die schleierartigen momentanen Formverläufe der fernen Gebirgszüge der Serra Tramontana vor der gerade in der Sonne sich spiegelnden Meeresfläche der Bahia Alcudia.

In mittelbarer Umgebung markante Stein- und Felsformationen, Zeitspuren aus ferner Zeit aber präsent. Aus näherer Zeitepoche, die Ruinen der zur Ermita Betlem gehörenden Finca, ringsum lang gezogene Steinmauern im zerbröselnden Prozess, noch aus aktueller Zeit Olivenbaumplantagen, die sich ins Tal hinabziehen im Grünton der Jahreszeit. Zu seinen Füssen das zur Zeit wild wuchernde Gestrüpp.

Von Hans-Georg Dornhege werden diese Zeitspuren festgehalten zeichnerisch als Skizze, als Aquarell oder als Fotografie, die erste Form des Bildaktes.

Die zweite Form des Bildaktes geschieht im Atelier, wie bei Teresa Reyes-Lorca – ebenso ein dialogisch-zeitlicher Prozess als malerische Aktion. Zu Beginn ein planerisch-strategischer Prozess, eine Konzeptionsfindung, jeweils pro Bild. Bei Dornhege realisieren sich beobachtete Zeitspuren zu Formspuren – sie sind die Bedingung der sich formierenden Malerei. Sich realisierende Bildspuren bleiben also indirekt mit den beobachteten Zeitspuren verbunden. Dieser Prozess der Transformation von beobachteten Zeitspuren – wie eben bei der Bilderserie Panoramabilder über Mallorca – liegt auch den anderen Bilderserien von Dornhege zu Grunde. Etwa bei den Straßenbildern, wo markante Zeichenphänomene unserer technisierten Zeit Anlass bieten für kühne Bildformationen. Abschließend sei vermerkt: Teresa Reyes-Lorca verweist darauf, dass der Titel „Zeitspuren“ auch viele weitere Möglichkeiten beinhaltet, Kunst und Zeit zusammen zu sehen. Sie verweist auf die Impressionisten, die mit Licht und Zeit eine andere Farbigkeit entwickelten, auf die Futuristen, welche in der Geschwindigkeit eine andere Möglichkeit der Fassung der Zeit in der Kunst sahen.



Vernissage am Sonntag, 15. Mai 2022, um 11 Uhr in Anwesenheit des Künstlerpaares.

Die Ausstellung kann vom 15. Mai 2022 bis 12. Juni 2022 immer donnerstags und freitags von 15.00 bis 19.00 Uhr, samstags von 15.00 bis 18.00 Uhr und sonntags von 11.00 bis 18.00 Uhr in der Galerie Münsterland besucht werden.